Der Wert von Sicherheit
Anfang August ist der Finanzmarkt von Unsicherheit erfasst worden. Von einem Tag auf den anderen schlug die Stimmung um. Die vermeintlichen Gründe für die Verkaufswelle waren schnell ausgemacht: Aufwertung des Yen, schlechter Arbeitsmarktbericht in den USA und entsprechende Rezessionsängste. Die Reaktion auf sinkende Kurse war entsprechend emotional.
Diese Episode zeigt, wie rasch das Gefühl von Sicherheit verloren gehen kann. Aber was gibt uns denn Sicherheit? Sicherheit ist ein Grundbedürfnis mit vielen Facetten, aber nicht alle Menschen empfinden dieses gleich. Sei es in Bezug auf Leib und Leben oder sei es im Zusammenhang mit Anlageentscheiden: Unsicherheit und Risiko stehen der Sicherheit im Wege. Darum haben wir uns in unserem Investmentmagazin Teleskop die Frage gestellt, wie man Unsicherheiten reduzieren kann.
Unsicherheit, dass die erste Erkenntnis, ist nicht gleich Risiko. Für Risiken lassen sich Wahrscheinlichkeiten berechnen, weil man die Variablen kennt. Das ist bei Unsicherheit anders und lässt Raum für falsche Interpretationen, Emotionen und verzerrte Wahrnehmungen. Wenn man nicht weiss, wie man mit einer unsicheren Situation umgehen soll, kann das ein Gefühl von Machtlosigkeit oder gar Kontrollverlust auslösen. Je nach den Umständen ist es von da nicht weit zu Angst, Stress oder gar Panik.
Diese emotionalen Reaktionen können das Unbehagen noch verstärken und dazu verleiten, falsche Rückschlüsse zu ziehen. Für einige ist es ein Ausweg, unsichere Situationen möglichst zu vermeiden oder zumindest zu versuchen, sie abzuschwächen. Dabei spielt ein psychologischer Effekt mit, denn Menschen reagieren empfindlicher auf potenzielle Verluste als auf gleichwertige Gewinne. Ungewissheit bringt zwar die Möglichkeit negativer Ergebnisse mit sich. Deswegen aber ganz vermeiden? Gerade für Investorinnen und Investoren wäre diese Haltung wenig nützlich. Unsicherheit gehört nun mal genauso wie Risiko zur Geldanlage.
Unsicherheit verleitet jedoch Anlegerinnen und Anleger häufig dazu, unglückliche Entscheide zu fällen. Wir haben fünf typische Denkfallen überprüft. Etwa die Frage, ob sich ein Einstieg noch lohnt, nachdem eine Aktie oder ein Index seit Jahresbeginn beispielsweise um 10 Prozent gestiegen ist. Oder bezogen auf die Börsentage mit den höchsten Tagesverlusten: Ist es überhaupt sinnvoll, sich kurzzeitig aus dem Markt zu verabschieden? Anhand von Daten und Statistiken lässt sich zeigen, dass die erste Frage mit Ja beantwortet werden sollte, die zweite mit Nein.
Beim Anlegen ist es wie im Leben: Ohne Unsicherheit und ohne Risiko geht es nicht. Aber eine nüchterne Abschätzung hilft, einen möglichst hohen Grad an Sicherheit zu erlangen.
Es gibt keine Sicherheit im Leben. Doch davon sollten sich Anlegerinnen und Anleger nicht verunsichern lassen.
Dr. Felix Brill Chief Investment Officer